Chlor ist aus der chemischen Industrie nicht wegzudenken. Rund zwei Drittel aller Produkte basieren auf dem wichtigen Grundstoff – zum Beispiel Polymere, Arzneistoffe und Chemikalien für die Trinkwasseraufbereitung. Dabei ist die Chlorherstellung einer der energieintensivsten Prozesse überhaupt und damit ein echter Kostenfaktor.
Covestro hat die Grenzen des Machbaren in diesem Bereich nun jedoch ein weiteres Mal verschoben. Das Unternehmen hat gemeinsam mit Partnern aus der Industrie eine Technologie entwickelt, mit der die für die Chlorherstellung benötigte Energiemenge um 25 Prozent reduziert werden kann. Die innovative Sauerstoffverzehrkathode (SVK) kommt in Deutschland bereits am Standort in Krefeld-Uerdingen mit einer Teilkapazität zum Einsatz.
Das neue Verfahren baut grundsätzlich auf dem gängigen Membranverfahren der Chloralkali-Elektrolyse auf, bei dem Chlor, Natronlauge und Wasserstoff aus Kochsalz (NaCl) und Wasser gewonnen werden. Einen feinen, aber entscheidenden Unterschied gibt es jedoch: Die wasserstofferzeugende Elektrode, die üblicherweise zum Einsatz kommt, wird durch eine Sauerstoffverzehrkathode ersetzt. Die Versorgung der Kathode mit Sauerstoff verhindert in der Folge die Entstehung von Wasserstoff. Auf diese Weise können ausschließlich Chlor und Natronlauge gewonnen werden.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Projekt im Zuge der Initiative „Forschung für Nachhaltigkeit“ (FONA) gefördert. Die Technologie wurde 2019 mit der Covestro Science Medal für herausragende innovative und nachhaltige Leistungen ausgezeichnet.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Würde die SVK-Technologie hierzulande flächendeckend für die Chlorproduktion verwendet, könnte Deutschland seinen gesamten Strombedarf um rund ein Prozent reduzieren. Das entspräche ungefähr dem Jahresverbrauch einer Großstadt wie Köln.